Kinderhilfe Eritrea

Impressionen

Eritrea – ein unbekanntes Reiseland

Unsere erste Gruppenreise in das Land, das wir bereits seit einigen Jahren mit unseren Spenden unterstützen, das jedoch die Mehrheit unserer Vereinsmitglieder bis dahin lediglich aus Erzählungen und Fotos kannte, unternahmen wir im Herbst 2006.
Zu sechst reisten wir in ein Land voll ungeahnter Schönheiten, dessen Entdeckung nur in mühevoller Organisation möglich war. Die unverwechselbare Schönheit der Natur, die kulturellen Reichtümer und die zahlreichen Begegnungen mit Freunden und Bekannten entschädigten jedoch um ein Vielfaches!

Da wir gerade nach der Regenzeit im September eintrafen, durften wir ein grünendes und blühendes Eritrea erleben, wie wir es nicht erwartet hätten. „We had some nice rain!“ war der Kommentar unseres Reiseleiters, dessen Kollegen uns in Landestracht und mit Blümchen in den Händen am Flughafen von Asmara einen herzlichen Empfang bereiteten.

Unser Flug mit den Eritrean Airlines über Rom erreicht Asmara am Samstag Abend des 1. Oktober 2006. Asmara, eine der schönsten Hauptstädte auf dem afrikanischen Kontinent, thront inmitten des eritreischen Hochlandes, das mit einem milden Klima gesegnet ist.
Die herrliche Abendluft, die uns entgegenweht, so würzig und aromatisch wie man sich Afrika vorstellt, begleitet uns auf dem Weg zum Hotel durch eine Stadt, die auch als die südlichste italienische Stadt bezeichnet wird: Palmen gesäumte Boulevards, Art-Deco-Gebäude zieren den Straßenrand, zahlreiche Espresso-Bars und Straßen-Cafés, die stark frequentiert werden.

Der folgende Tag bleibt der Erkundung Asmaras vorbehalten, das wir  uns vornehmlich zu Fuß erobern. Der Blick aus dem Turm der katholischen Kirche über die Dächer der auf 2400 Metern Höhe gelegenen Stadt schweift über die Türme und Minarette der griechisch-orthodoxen Kirchen und Moscheen auf die umliegenden Berge in der Ferne. Das Klima unter den Menschen unterschiedlicher Religionen und Ethnien ist trotz des latent drohenden Krieges an der Grenze zu Äthiopien sehr friedfertig und milde. Die Atmosphäre in den Cafés und auf den Straßen und den Märkten bezeugt es.

Die Hauptstadt verlassen wir gen Norden durch das Gebiet des staatlich geschützten Regenwaldgebiets von Filfil fahrend, die erhabene Stille und Großartigkeit der lokalen Tier- und Pflanzenwelt genießend. Ein Abstecher in das Dörfchen Hagaz, wo in einer landwirtschaftlichen Schule Lehrlinge ausgebildet werden, beschert uns eine Kostprobe vom Feinsten: eritreischen Wein aus lokaler Produktion und frischen Joghurt!
Die Nacht verbringen wir in Keren, einer Stadt, deren Märkte an altertümliche Zeiten erinnern. Neben Getreide werden hier Ziegen, Schafe, Rinder und Kamele gehandelt. In den zahlreichen, winzig kleinen Lädchen der Silberschmiede kaufen wir handgefertigten Silberschmuck, den wir zu Hause zu Gunsten unserer Partnereinrichtungen in Eritrea mit einem kleinen Aufschlag wieder verkaufen wollen.


Zurück in Asmara widmen wir uns dem Besuch zweier unserer Partner-Kindergärten.
Auffallend ist die fröhliche Stimmung unter den Kindern trotz des teilweise verschulten Programms, trotz des kargen Pausensnacks, der bloß aus trockenem, hartem Brot und Wasser besteht. Für Früchte reicht das Geld nur selten. Obschon die Märkte von tropischem Obst überquellen, ist es für Einheimische fast unerschwinglich.
An Hunger leidet nach Auskunft unseres Reiseleiters trotzdem keiner im Land.

Der nächste Tag beschert uns einen Besuch in einem nahe gelegenen ECD (Early Childhood Development Programme) Centre, in welchem „community care givers“ sich ganzheitlich um die Verbesserung der frühkindlichen, vorschulischen Erziehung und Bildung im Gemeinwesen kümmern. Ein anschließender Besuch in einer Schule ergänzt das Bild, das wir uns bezüglich der Erziehung und Bildung von Kindern in Eritrea bereits gemacht haben.

Ein weiterer Ausflug führt uns am darauffolgenden Tag in die Frühgeborenenstation des Kinderkrankenhauses in Asmara, die von Fachkräften des „Hammer Forums“ mit ausrangierten Apparaturen einer Remscheider Frühgeborenenstation eingerichtet wurde.
Über den Besuch knüpfen wir interessante Kontakte zu Mitstreiterinnen aus Deutschland.

Der 7. Oktober ist privaten Besuchen bei Freunden gewidmet. Bei einem vorzüglichen eritreischen Mittagsmahl können wir die Vielfalt der lokalen Küche auskosten, um uns anschließend bei einer Kaffeezeremonie bei einem weiteren unserer Kontaktpartner verwöhnen zu lassen. Eritrea mit allen Sinnen! Aber auch Zeit, die Hauptstadt, wenn es am schönsten ist, diesmal in Richtung Süden zu verlassen.


So setzen wir die Reise am 8. Oktober fort mit dem Ziel Senafe vor Augen – einer in der letzten kriegerischen Auseinandersetzung 2000 von der äthiopischen Armee zerstörten Stadt, die sich bloß 20 km vor der Landesgrenze zum verfeindeten Nachbarland, kurz vor der von UN-Truppen kontrollierten, militärischen Sperrzone befindet.
Die Innenstadt liegt buchstäblich in Trümmern, die Strom- und Wasserleitungen sind quasi nicht existent, die Unterkunft für unsere Standards  äußerst primitiv, nur die Menschen lächeln immer noch. 

Ringsum ist die Stadt in eine herrliche Landschaft gebettet. Weite, saftig grüne, von Rindern bevölkerte Weideflächen erstrecken sich bis zum Horizont, wo sie von schützenden Bergketten umrandet werden.  In der Umgebung Senafes erkunden wir eine Siedlungsstätte der ehemaligen axumitischen Hochlandkultur in Eritrea. Die anschließende Besteigung eines Berges am Stadtrand beschert uns einen traumhaften Blick über die Landschaft.


Auf dem Weg nach Massawa passieren wir am nächsten Morgen Decemhare, wo wir gestern auf der Durchfahrt bei Schwester Lettemariam bei frisch gebackenem Kuchen und zuckersüßem Tee einkehren durften. Zusammen mit ihren anderen Ordensschwestern führt sie einen weiteren unserer Partner-Kindergärten.

Die Fahrt geht weiter und bevor wir Massawa erreichen, erkunden wir Kohaito, eine bedeutende axumitische Siedlungsstätte, und gucken in die Tiefen des afrikanischen Grabens.
Erst im Dunkeln erreichen wir die Hafenstadt Massawa, die vom arabischen Baustil geprägt ist. Der Gang durch die Stadt gleicht dem Gang durch ein Freilichtmuseum. Häuserfassaden, die mit Spuren des Einschlags von Projektilen übersät sind. Menschen, die in der heißfeuchten Luft ihre Betten vor den Häusern, auf den unasphaltierten Gassen aufgestellt haben und die Nacht dort verbringen. Vom Meer weht eine angenehme Brise durch die Häuserschluchten und macht die schwere, salzige Luft etwas erträglicher. Das fröhliche Jauchzen der Kinder ist überall gegenwärtig. Wir werden von ihnen umkreist und freundlich begrüßt, bereitwillig posieren sie für uns.


Am Morgen des nächsten Tages gehen wir an Bord eines kleinen Schiffes, das uns auf eine der etwa 300 Massawa vorgelagerten Inseln im Roten Meer bringt. Diese blaue Reise bietet alles, was sich ein Aussteiger wünscht: dem Boot folgende Delphine, bunte Korallenriffe, einsame, unbewohnte Inseln, unberührte Strände, keine Unterkunftsmöglichkeiten und keine Infrastruktur, selbstgeangeltes Essen, Lagerfeuer und einen prachtvollen Sternenhimmel. In der Nacht beobachten wir Sternschnuppen, denn mit dem lauten Gekreische der Seemöven ist nicht ernsthaft an Schlaf zu denken.

Nach einer traumlosen Nacht treten wir die traumhafte Schifffahrt zurück nach Massawa an. Wieder begleiten uns Delphine und ein Vögelchen sucht Zuflucht auf unserem Boot.
Das Highlight dieses Abends ist der gegrillte Fisch, den wir in Massawas berühmtestem „Katzenrestaurant“ serviert bekommen. Hier wird man von Horden von Straßentigern umlagert, die darauf warten, dass die Essensreste unter den Tisch fallen.
Zufrieden verbringen wir eine erholsame Nacht in unserem klimatisierten Hotel.

Bevor wir endgültig nach Asmara zurückkehren, besuchen wir am nächsten Tag noch die lokale Salzfabrik, wo die Arbeiter bei mörderischen Temperaturen in der prallen, afrikanischen Sonne die Salzernte betreiben. Wir lassen uns von dem Direktor in die Geheimnisse der Salzgewinnung einweihen und kaufen zum großen Erstaunen der Arbeiter „grobes“ Meersalz, das wir in Deutschland auch zu Gunsten unserer Partnereinrichtungen in Eritrea verkaufen wollen.
Auf dem Weg zurück nach Asmara genießen wir die Gastfreundschaft der Schwester unseres Reiseleiters und werden auf der mit EU-Geldern ausgebauten Straße zwischen Massawa und Asmara von einer Pavianherde überrascht. Zum Glück sind die Tiere käuflich - für ein paar Bananen lassen sie sich gerne aus der Nähe fotografieren.

 
Am 13. Oktober haben wir noch genügend Zeit, auf den Märkten Asmaras Gewürze, Honig, eritreische Keramik, Flechtwaren, landestypischen Silberschmuck und Kaffee einzukaufen, bevor unser Flugzeug gen Mitternacht nach Deutschland abhebt...